Die Geburt ihres Kindes ist für jede Mutter ein wichtiger Moment im Leben. Stellt sich jedoch nicht gleich ein Glücksgefühl ein, ist das noch kein Grund zur Beunruhigung. Vom Babyblues sind etwa 50 bis 75% aller frisch gebackenen Mütter betroffen. Deutlich weniger entwickeln eine postpartale Depression.
Grundlose Weinattacken, Gereiztheit, Antriebsschwäche, Verzweiflung – nicht jede Frau erlebt sofort nach der Geburt ihres Kindes die viel propagierte Euphorie. Dazu kommen oft d
ie Zweifel: Stimmt etwas nicht mit mir? Liebe ich mein Kind nicht genug? „Die so genannten Heultage kann man als normalen Adaptionsprozess ansehen und haben auch mit Hormonschwankungen zu tun. Diese Phase geht meist nach ein paar Tagen von selbst vorbei“, erklärt Dr. Matthias Peintner, Facharzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie A des LKH Hall. Viele rechnen dem Babyblues gar keinen Krankheitswert zu, so Peintner. In den ersten Tagen nach der Geburt brauchen die jungen Mütter besonders viel Verständnis und Unterstützung. Dann stabilisiert sich die Psyche im Normalfall wieder.
Meist gut behandelbar
Hält die Niedergeschlagenheit jedoch länger als zwei Wochen an oder tritt sie erst einige Wochen nach der Geburt auf, sollte fachärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. „Dann spricht man von einer postpartalen Depression“, so Peintner.
Eine Depression wird häufig durch eine Lebenskrise ausgelöst. Auch wenn die Geburt eines Kindes ein positives Ereignis ist, kann sie doch als lebensveränderndes Ereignis verstanden werden. Dazu kommt ein hoher gesellschaftlicher Druck. „Oft wird suggeriert, die Frauen müssten alles alleine schaffen. Diesem Druck können viele Frauen nicht standhalten. Dabei ist das eher ein Phänomen der gegenwärtigen Zeit. Bis vor wenigen Jahrzehnten entsprach es durchaus der gesellschaftlichen Norm, dass Mütter Hilfe – meist in Form von Unterstützung durch die Großfamilie – annahmen.“ Wer sich schwer tut, um Hilfe zu fragen und diese anzunehmen, fühlt sich mitunter in dieser Situation schnell überfordert. Eine genetische Disposition und die individuelle Persönlichkeitsstruktur spielen ebenfalls mit.
Eine Depression hat meist mehrere Ursachen. Doch man weiß, dass eine postpartale Depression eher auftritt, wenn die Geburt des Kindes nicht komplikationslos verlaufen ist. Auch Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft an Depressionen litten oder schon früher eine postpartale Depression hatten, sind gefährdeter. „Bei allen psychischen Vorerkrankungen ist es ratsam, bereits in der Schwangerschaft ärztlichen Rat einzuholen und vorzusorgen“, so der Psychiater.
Stabiles Umfeld schützt vor postpartaler Depression
Man kann sich selbst bis zu einem bestimmten Grad mit einfachen Mitteln vor der Erkrankung schützen: Dafür sorgen, dass das Umfeld möglichst stabil bleibt, keine großen Veränderungen für die Zeit kurz nach der Geburt planen (wie etwa einen Umzug) und sich möglichst viel Ruhe gönnen.
Zeigen sich dennoch einige Zeit nach der Geburt Zeichen einer Depression, können Fachärzte weiterhelfen. „Eine postpartale Depression sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Doch mit den richtigen Maßnahmen lässt sie sich meist gut in den Griff bekommen“, macht Peintner den betroffenen Frauen Mut. Die Therapie wird individuell zusammengestellt – Gespräche, Entspannungsübungen, aber auch Medikamente kommen dabei zum Einsatz.
In seltenen Fällen kommt es zu einer postpartalen Psychose, mit z.B. Verkennung der Realität als Symptom. Dann muss sofort psychiatrische Hilfe aufgesucht werden.
Depressive Verstimmungen und Depressionen nach der Geburt eines Kindes treten im Übrigen nicht nur bei den Müttern auf: Auch 5-10% der Väter sind betroffen.