In der Adventzeit findet man sie wieder in allen Regalen und auf vielen Tischen: Die Nüsse. Sie sind ein fester Bestandteil jedes Nikolaussackes. Sie gelten als gesunder Snack und werden auch in Kindergärten gerne als Jause verwendet. In einem Gespräch warnt Claus Pototschnig, Geschäftsführender Oberarzt der Innsbrucker Univ.-Klinik für HNO, jedoch eindringlich davor, Nüsse, insbesondere Erdnüsse Kindergartenkindern anzubieten.
Warum?
Erdnüsse, eine der kleineren Nusssorten, können von Klein- und auch noch Kindergartenkindern, ohne zu kauen geschluckt werden. Bei der geringsten Ablenkung kann es vorkommen, dass diese aspiriert werden und ungehindert in die Atemwege kommen. In der Lunge werden die Erdnüsse auf Grund ihrer Beschaffenheit glitschig und quellen auf. Dies unterscheidet sie von Plastikteilchen, welche formstabil bleiben. Im Falle einer Operation ist dies von entscheidendem Unterschied, erklärt Pototschnig.
Während auf fast allen Plastikteilchen zu lesen ist, Kinder unter drei Jahren davon fernzuhalten, findet man diese Warnhinweise so gut wie nie auf einer Nusspackung.
Wie reagiere ich richtig?
Hat ein Kind eine Nuss oder einen anderen Fremdkörper aspiriert und leidet nicht unter starker Atemnot, sondern zeigt Symptome wie Reizhusten und Hüsteln, sollte man ohne weitere Maßnahmen zu ergreifen, in die Klinik fahren. Solange keine akute Atemnot zu erkennen ist, liegt der Gegenstand in einem Bereich, der für den Moment nicht lebensbedrohlich ist und sollte dort bis zur Untersuchung in der Klinik belassen werden.
Im Falle von Atemnot, kann es helfen, das Kind zum Husten zu bringen oder auf den Kopf zu stellen. Dann hat sich der Gegenstand im engsten Teil des Atemweges verlegt und muss von dort so rasch wie möglich entfernt werden. Hier sollte die Rettung gerufen werden.
Eltern, deren Kinder einen Gegenstand eingeatmet haben, wird unbedingt geraten, auf die Klinik zu kommen. Die Hoffnung, dass sich ein Gegenstand unbemerkt wieder auflöst, ist nur bei Nahrungsmitteln gegeben, die sehr leicht schmelzen und sich komplett zersetzen können, wie Eis oder ein winziges Stück Schokolade. In allen anderen Fällen drohen schwere Entzündungen der Lunge.
Was passiert in der Klinik?
Im Jahr operiert das Team der HNO im Schnitt 20 bis 30 Kinder mit aspirierten Gegenständen.
Das häufigste Alter ist das Kleinkindalter bis zu drei Jahren. Aber auch ältere Kinder werden immer wieder als Patienten eingeliefert. Alle aspirierten Gegenstände müssen unter Vollnarkose entfernt werden. Dieser Eingriff gilt als Hochrisikoeingriff und wird nur an großen Einrichtungen von sehr erfahrenen Teams durchgeführt.
„Man stelle sich vor, dass der Kehlkopf bei einem 1-Jährigen nicht mal einen Zentimeter breit ist. Durch diese Öffnung muss das Kind einerseits beatmet und die Erdnuss, welche selbst ca. einen Zentimeter ist, herausgeholt werden. Liegt die Erdnuss schon etwas länger in der Lunge, lässt sie sich nicht mehr leicht fassen, sondern ist zum Teil schon mit der Schleimhaut der Bronchien verklebt. Bei jedem Atemschwall kann der Gegenstand wieder weiter in die Bronchien gedrückt werden und das Verfahren muss von neuem begonnen werden“, erklärt Claus Pototschnig.
Nicht nur Kinder
Auch Erwachsene können noch Gegenstände aspirieren. Besonders ältere Personen gehören zu den Patienten, welche zum Beispiel Nahrungsmittel nicht mehr gut kauen können und sich daran verschlucken. Auch schlechtsitzende Teilgebisse können gefährlich werden. Mit ihren Metallhaken können sie zu schweren Verletzungen führen.
Sensibilisierung
Natürlich gilt diese Warnung nicht nur für Erdnüsse, sondern für alle kleinen (kleingeschnittenen) vor allem rohe Nahrungsmittel (Erbsen, Karottenstücke etc.). Eine Sensibilisierung unter Eltern und Betreuern ist hier schwierig. Zu sehr wird die gesunde Snackalternative verteidigt und verharmlost, berichtet der Experte aus Erfahrung.
Der Deutsche Berufsverband der HNO-Ärzte geht in einer Pressemitteilung sogar so weit, vom Verzehr von Nüssen bei Kindern bis zu 10 Jahren abzuraten. Eine Empfehlung, der Dozent Pototschnig in jedem Fall etwas abgewinnen kann. Für ihn wäre jedoch schon viel geholfen, wenn zumindest Kinder bis Ende des Kindergartenalters keine Nüsse bekämen.
Weitere Gefahr
Claus Pototschnig nützt die Gelegenheit des Interviews um noch auf eine weitere Gefahr hinzuweisen: Lithium-Knopfbatterien. Gar nicht so selten werden auch diese verschluckt. Findet man sie doch in vielen Spielzeugen, sie glänzen und passen in jeden Kindermund.
Nicht immer sind sie unter Verschluss, sondern liegen herum. Innerhalb von wenigen Stunden kann die Säure dieser Batterien das Lungengewebe zerstören, sich durch die Schleimhäute fressen und irreparable Schäden hinterlassen.
Bilder: HNO/Stefan Walser (Portrait), pixabay (Titelbild), Gerhard Berger