In der Klinik zu landen, bedeutet für jeden von uns einen Ausnahmezustand. Wenn ein Promi stationär aufgenommen werden muss, ist das für die Klinik ein Ausnahmezustand.
Vor dem Arzt sind alle gleich. Egal ob prominent oder nicht. Wer krank ist und Hilfe benötigt, dem wird geholfen. Doch es gibt einen kleinen Unterschied, ob in Patientenzimmer 3 ein Mensch liegt, an dessen Person die Öffentlichkeit großes Interesse hat oder nicht. Wenn ein Skifahrer auf der Streif stürzt, dann sehen das tausende Menschen auf den Bildschirmen zuhause. Sofort möchten alle wissen, wie es ihm geht. Und was passiert ist. Und das ist noch harmlos, es gibt Extrembeispiele.
Denken wir nur an den tragischen Unfall von Michael Schumacher beim Skifahren in Frankreich. Die Medien waren in den darauffolgenden Tagen voll mit Meldungen, mit mehr oder weniger richtigen Neuigkeiten über den Gesundheitszustand des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters. An Informationen zu kommen, ist für einen Journalisten das Wichtigste überhaupt und genau deshalb bedeutet das für Klinikmitarbeiter besonders viel Arbeit, wenn ein prominenter Patient im Haus ist. Doch was kommt in einem solchen Fall auf eine Klinik alles zu?
Ein Blick hinter die Kulissen
Johannes Schwamberger, zuständig für den Medienservice bei den tirol kliniken, erzählt: „In erster Linie braucht es einen klaren Plan. Ohne Plan endet alles im Chaos.“ Das Wichtigste sei es, „dass Patient, Ärzte und Pfleger in Ruhe an der Genesung arbeiten können. Das zu ermöglichen, ist unsere Aufgabe.“ Eines ist sicher: Wenn ein Promi verunglückt und in die Klinik kommt, finden es „die Medien“ früher oder später auf jeden Fall heraus. Ein Unfall, egal ob auf der Skipiste, auf der Straße oder anderswo, bleibt niemals im Verborgenen. In manchen Fällen wissen die Medien Bescheid, noch bevor der Helikopter am Dach der Chirurgie gelandet ist. Was es dann braucht, sind effiziente, rasche, funktionierende Abläufe.
Die wichtigsten Fragen müssen geklärt werden. Was ist der Wille des Patienten oder seiner Familie? Sollen Informationen an die Öffentlichkeit gehen oder nicht? Je nach Patient gibt es hier unterschiedlichste Ansprechpartner und Prozedere. „Als der holländische Prinz Friso von Oranien-Nassau nach seinem tragischen Unfall zu uns in die Innsbrucker Klinik kam, war es für uns als Medienabteilung das Wichtigste, mit dem Königshaus die weitere Vorgehensweise zu besprechen“, erzählt Schwamberger. „Wenn es irgendwie geht, so ist es immer ratsam, Informationen nach außen zu geben. Das hat einen einfachen Grund. Die Journalisten wollen Infos und holen sich diese auch. Wenn ich aktiv bin und kommuniziere, bin ich am Steuer und verhindere ungewollte und störende Aktionen“, erklärt Johannes Schwamberger.
Informationsmanagement ist die halbe Miete
Dass Journalisten durchaus erfinderisch sind, wenn es darum geht, an Informationen zu kommen und auch vor skrupellosen Aktionen nicht zurückschrecken, zeigen einige Beispiele. „Denken wir nur an die Zeit unmittelbar nach Michael Schumachers Unfall. Von Seiten des Krankenhauses gab es kaum Informationen. Die Journalisten mussten eigene Wege finden“, so Schwamberger. So soll 2013 ein als Priester verkleideter Journalist versucht haben, zu Michael Schumacher vorzudringen. Die Sicherheitskräfte konnten das jedoch verhindern. „Dass manche Fotografen extra auf Hausdächer klettern, um irgendwie ein Bild vom Patienten zu bekommen oder Pfleger Angebote erhalten, um Fotos zu machen, ist auch bei uns schon vorgekommen“, erzählt der Pressesprecher der Innsbrucker Klinik.
Um solchen Aktionen vorzubeugen, ist ein geplantes Informationsmanagement wichtig. „Als der Skirennläufer Hans Grugger bei uns im Haus war, gab es einmal am Tag eine offizielle Information über den Gesundheitszustand des Patienten. Die Medien wussten also, dass sie Informationen bekommen und sowohl sie als auch wir konnten in Ruhe arbeiten. Bei Prinz Friso waren unzählige Fernsehstationen vor Ort und wir wussten, dass sie Bilder brauchen und sie auf irgendeinem Weg beschaffen würden. Vielleicht aber nicht auf geordnetem oder legalem Weg. Also haben wir am Eingang eine Absperrung eingerichtet. Dort durften die Kameraleute ihre Kameras aufbauen und die königliche Familie filmen, wenn sie Prinz Friso besuchten. Damit haben wir den Druck aus der Situation genommen“, so Schwamberger. Über eine Woche wurde die Pressearbeit so strukturiert, zum Wohle des Patienten und dessen Familie.
Neben der guten Planung und erfahrenen Mitarbeitern ist aber vor allem eine dritte Sache wichtig: Verlässlichkeit. „Der Patient und dessen Angehörige, aber auch die Medien müssen sich auf uns verlassen können. Wenn etwas vereinbart ist, müssen wir uns daran halten. Da kann es nicht sein, dass es einmal keine Medieninformation gibt oder die Journalisten erst Stunden später als vereinbart informiert werden. Verlässlichkeit und Vertrauen sind enorm wichtig“, erklärt Schwamberger.
In jeder Krise liegt auch eine Chance
Ein weiterer Punkt, den man als externer Beobachter vielleicht nie bedacht hätte, sind die Genesungswünsche für Prominente. „Da ist alles mit dabei. Von netten Karten über Blumen bis hin zu recht aggressiv und fordernd formulierten Tipps, wie wir den Patienten zu behandeln hätten“, erzählt Johannes Schwamberger. So kann es manchmal vorkommen, dass Menschen Medikamente mitschicken oder dem Klinikpersonal raten, den Patienten um Mitternacht zu wecken und ins Mondlicht zu stellen. „So kurios manch ein Vorschlag sein mag, es ist dennoch wichtig, zu antworten und sich zu bedanken.“
Pressearbeit in einer Klinik hat immer auch etwas mit Krisenkommunikation zu tun, immerhin kommen Patienten in den seltensten Fällen aus schönen Gründen ins Krankenhaus. Doch in jeder Krise liegt auch eine Chance. „Wenn ich in einer Krisensituation richtig handle, können positive Effekte entstehen und zwar für alle Beteiligten. Das zu ermöglichen, ist unsere Challenge“, so Schwamberger.