Mit der Schwangerschaft ist das Gefühlschaos vorprogrammiert. Einerseits überwiegt die Vorfreude auf den Nachwuchs, andererseits ist die ständige Sorge um das Ungeborene groß. Denn viele Faktoren wie die richtige Ernährung und ein achtvoller Lebensstil beeinflussen die Gesundheit des Babys. Speziell Infektionen können für das Kind und die Mutter eine Gefahr darstellen. Dr. Angela Ramoni, Leiterin der Geburtshilfe an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, erklärt, was werdende Mütter über die häufigsten Infektionen – besonders die kaum bekannte Zytomegalie – wissen sollten.

 

Dr. Angela Ramoni ist leitende Oberärztin an der Frauenklinik Innsbruck

Was sind die häufigsten Infektionskrankheiten, die einen negativen Einfluss auf die Schwangerschaft haben können?

Frauenärzte weisen am häufigsten auf Listeriose und Toxoplasmose hin. Bei der Listeriose werden Listerien (Bakterien) über verunreinigte Lebensmittel übertragen. Gelangen diese Bakterien zum Kind, kann das zu einer Blutvergiftung, Hirnhautentzündung, aber auch zu vorzeitigen Wehen und somit einer Früh- oder Totgeburt führen. Daher sollten werdende Mütter unbedingt auf Produkte aus Rohmilch, roher Wurst, Fleisch und Fisch – auch geräucherte Waren – verzichten und streng auf das Mindesthaltbarkeitsdatum achten. Wichtig ist außerdem, dass Obst, Gemüse und Kräuter gut gewaschen und bei Käse die Rinde abgeschnitten wird.

 

Bei der Toxoplasmose wird der Parasit Toxoplasma gondii übertragen. Die meisten Infektionen verlaufen unbemerkt. Eine Erkrankung in der Schwangerschaft ist allerdings gefährlich, da sie zu Fehlgeburten oder Missbildungen des ungeborenen Kindes führen kann. Diese Erreger kommen im Darm von Katzen vor und werden über den Kot ausgeschieden. Die Parasiten werden hauptsächlich über rohes Fleisch oder Lebensmittel (Obst, Gemüse), die mit Katzenkot verunreinigt sind, auf den Menschen übertragen. Auch die Schmierinfektion, also die direkte Übertragung des Erregers nach Kontakt mit Katzen oder ihren Exkrementen (Katzenstreu) von der ungereinigten Hand in den Mund, ist möglich.

 

Weit weniger bekannt ist die Zytomegalie. Diese Infektionskrankheit haben mehr als die Hälfte aller Österreicher irgendwann in ihrem Leben durchgemacht – meist ohne es zu wissen. Hervorgerufen wird diese Erkrankung durch eine Infektion mit einem Virusstamm aus der Gruppe der Herpesviren, dem Zytomegalievirus, kurz CMV. Die Infektion verläuft häufig ohne merkbare Symptome. Manchmal treten grippeähnliche Beschwerden mit Fieber und Kopfschmerzen auf, die aber nur wenige Tage anhalten. Für einen Menschen mit normaler Immunabwehr stellt diese Infektion kein Problem dar. Ähnlich den Herpesviren, die Fieberblasen verursachen, bleibt das Virus nach einer Infektion ein Leben lang im Körper und kann in Zeiten geschwächter Abwehr wieder aktiv werden. Bei immungeschwächten Patienten und Schwangeren kann das Zytomegalievirus zu schwerwiegenden Infektionen führen.

 

Warum müssen Frauen über Zytomegalie Bescheid wissen?

Eine Infektion mit dem Zytomegalievirus kurz vor oder in den ersten drei (bis vier) Monaten einer Schwangerschaft kann schwere Folgen für das Ungeborene haben. Das Virus wird bei einer Infektion im kritischen Zeitraum in etwa 50 % der Fälle auf das Kind im Mutterleib übertragen. Dabei kann die Mutter vollkommen symptomfrei bleiben. Bei der Mehrzahl der infizierten Kinder bleibt die Infektion glücklicherweise ohne Folgen. Aber etwa 10 % zeigen Auffälligkeiten bei der Geburt, z. B. ein zu geringes Geburtsgewicht, Einblutungen in die Haut, Gelbsucht oder Vergrößerung von Leber und Milz. Es können schwerwiegende, meist bleibende, Schäden des Gehirns mit verzögerter geistiger und körperlicher Entwicklung, Verkalkungen im Gehirn mit vermindertem Wachstum des Kopfes oder Hörverlust und Schädigung der Augen auftreten. Weitere 10 % der vor der Geburt infizierten Kinder werden ohne Krankheitszeichen geboren, können jedoch nach Monaten bis Jahren Spätfolgen entwickeln. Das heißt 10 % der Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft mit CMV infiziert waren, haben das Risiko, eine schwerwiegende Beeinträchtigung im weiteren Leben davon zu tragen.

Wie erfolgt die Ansteckung und wie wird eine CMV-Infektion diagnostiziert?

Die Übertragung erfolgt durch Schmierinfektion mit Körperflüssigkeiten wie Speichel, Urin, Tränen oder Genitalsekrete. Eine Ansteckung geschieht somit über engen Körperkontakt. Am häufigsten infizieren sich Schwangere bei ihren eigenen CMV-ausscheidenden, gesunden Kleinkindern. Diese Kinder stecken sich im Kontakt mit anderen Kleinkindern an und können das Virus dann – ohne selbst Krankheitssymptome zu haben – über Monate im Urin und Speichel ausscheiden. Der Virus wird unter anderem beim Verwenden des gleichen Essbestecks, beim Windelwechseln, über eingespeichelte Spielsachen bzw. Schnuller oder beim Naseputzen der Kinder übertragen.

 

Da die Infektion meist ohne Symptome verläuft, kann eine Diagnose nur über die Bestimmung von Antikörpern im Blut gesichert werden. Auch bei grippeähnlichen Symptomen in der Frühschwangerschaft kann eine Blutuntersuchung helfen, Klarheit zu gewinnen, ob es sich um eine CMV-Infektion handelt.

 

Ist das Ungeborene geschützt, wenn die Mutter bereits Antikörper gegen das Zytomegalievirus besitzt?

Frauen, die lange vor der Schwangerschaft die Infektion durchgemacht haben und Antikörper besitzen, können sich leider erneut mit einem anderen Virusstamm infizieren. Auch eine Reaktivierung der im Körper vorhandenen Viren ist möglich. Das heißt, eine durchgemachte Infektion schützt nicht vollständig vor einer neuerlichen, aber das Risiko für eine Infektion und Schädigung des Ungeborenen ist in diesem Fall sehr gering. Oft ist das Zytomegalievirus dann auch in der Muttermilch nachweisbar, das stellt für ein reifes Neugeborenes aber keine Gefahr dar.

 

Warum ist vorausschauende Hygiene die beste Krankheitsprophylaxe?

Leider gibt es gegen die Cytomegalie keine Impfung und keine etablierte Therapie. Vorausschauendes Handeln ist daher die beste und auch einzige Art der Ansteckungs-Prophylaxe. Das Virus kann z. B. durch gründliches Waschen mit Seife inaktiviert werden – und das nach jedem Wickeln, Nase putzen oder Tränenabwischen. Feuchttücher sind dafür nicht geeignet. Mütter sollen auch nicht das Essbesteck oder das Trinkglas mit ihrem Kind teilen. Am besten sie kosten als Erste – sobald das Kind gefüttert wird, ist das Besteck und das Essen tabu. Das gilt auch für Schnuller oder bespeichelte Spielsachen. Das Küssen auf oder in die Umgebung des Mundes stellt ebenfalls eine Gefahrenquelle dar. Hier könnte man auf die Stirn ausweichen. Ich empfehle auch, Waschlappen, Handtücher oder Zahnbürsten nicht gemeinsam zu verwenden.

 

Es ist schwer, diese Situationen im Alltag zu vermeiden. Jedoch hilft bereits ein gesteigertes Bewusstsein, dass Kleinkinder potenzielle CMV-Überträger sind und man sich deshalb besonders als werdende Mutter schützen muss.

 

Broschüre zur Ernährung in der Schwangerschaft

Broschüre zu CMV

 

Bilder: pixabay (Titelbild), Birgit Koell (Portrait, Hände), Angela Ramoni (Mädchen)