Was ist die optimale Vorbereitung auf eine Operation? Kann Sport dabei helfen, sich fitter und besser vor einem belastenden Eingriff zu fühlen? Die Prähabilitation – ein Zweig der Physikalischen Medizin – geht davon aus: Bewegung und Sport steigern die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden vor Patient:innen, denen große Eingriffe bevorstehen.

Wie dies abläuft, erklärt Marko Kayser, Sportmediziner und Oberarzt für Physikalische Medizin an der Universitätsklinik in Innsbruck.

Marko Kayser ist Oberarzt an der Physikalischen Medizin und Sportmediziner.

Wie geht es den Patient:innen, mit denen Sie trainieren?

Unsere Patient:innen sind in der Regel in eher schwächerer körperlicher Verfassung und eine bevorstehende Operation ist eine große Belastung. Viele haben auch schon beispielsweise lange Zeit keinen Sport mehr gemacht und sind die Anstrengung nicht gewöhnt. Es gibt aber eine große Bandbreite, was Alter, Geschlecht und Kondition betrifft.

Gibt es ein typisches Krankheitsbild, bei der vor einer Operation prähabilitatives Training große Vorteile bringt?

Nein, es kommen Patient:innen aus allen Fachabteilungen zu uns. Zuerst erstellen wir ein individuelles Profil: Wie ist der allgemeine Gesundheitszustand der Person? Wie die Lungenfunktion und das sportliche Leistungsvermögen? Wir arbeiten eng mit Herr Raab von der Anästhesie-Ambulanz zusammen, der uns eine Leistungsidagnostik, wie bei Profisportler:innen erstellt. Dann haben wir die Ausgangswerte, auf denen wir unser Training optimal aufbauen können. Über einen Zeitraum von circa 4 Wochen sehen wir die Patient:innen dann etwa 3 mal pro Woche.

Wie läuft eine Trainingsstunde bei Ihnen konkret ab?

Kurz gesagt: So individuell und angenehm für den Patienten oder die Patientin wie möglich. Wir machen viele Kraftübungen, zum Beispiel mit klassischen Hanteln oder Kettle-Bells. Um die Ausdauer zu stärken, strampeln sich viele aber auf dem Ergometer ab oder laufen auf dem Laufband. Unser Trainingsraum im Untergeschoss der Chirurgie bietet dankenswerterweise viele Möglichkeiten. Auch eine Kletterwand und verschiedene Bälle haben wir.

Wie nehmen die Patient:innen Ihre Therapie wahr?

Man muss sich vorstellen, dass die meisten schon lange nicht mehr trainierten und anfangs Hemmungen oder keine positive Erwartung hegen. Daher ist es für uns zentral, den Patient:innen eine geschützte Atmosphäre zu bieten, in denen sie sich nach ihren persönlichen Wünschen so richtig auspowern können. Ein Fitnessstudio finden die meisten eher einschüchternd. Wir erhalten sehr viel direktes, positives Feedback – und was mich immer besonders freut, ist, wenn jemand so richtig Feuer gefangen hat und auch nach seiner Operation ein regelmäßiges Sportprogramm in Angriff nimmt.

Das Training wird individuell auf die Patient:innen abgestimmt.

Wie geht es bei Ihren Projekten weiter?

Mittlerweile bieten wir das prähabilitative Training seit 2018 in der Klinik Innsbruck an. Wir sehen rasante Fortschritte; es ist evident, dass das Programm wirkt. Zurzeit versuchen wir, in einer Studie mit 15 Proband:innen aufzuzeigen, welche positiven Auswirkungen wir erzielen. Nur ein Beispiel: Einer meiner aktuellen Patienten leidet an einer schweren Lungeneinschränkung. Durch unser Training macht er mittlerweile Ausfallschritte und schafft 6 Klimmzüge am Stück! Das freut uns natürlich sehr.

 

Fotorechte: Bild 1: (c) Gerhard Berger; Bild 2: (c) Gerhard Berger; Beitragsbild: (c) Gerhard Berger