Text by Jana Dillersberger
„Ich könnte mich nie so ernähren, das ist ungesund für meinen Körper“, nur ein Beispiel für die vielen Vorurteile und Mythen rund um die vegetarische und vegane Ernährung. Wie viel an dieser Aussage liegt, und wie sich die Ernährungsarten auswirken, erklärt die Diätologin Katarina Jaatinen, welche in der Stoffwechsel Ambulanz am LKI seit 3 ½ Jahren tätig ist, in einem Interview.
Wie unterscheidet man vegetarisch und vegan?
Vegetarisch ist nur ein Überbegriff der verschiedenen Auslebungen des Vegetarismus. Die bekannteste Form ist der Ovo-Lacto-Vegetarismus, bei dem auf Fleisch und Fisch verzichtet wird. Es gibt jedoch auch andere Varianten, wie zum Beispiel den Pescetarier, bei dem nur der Fleischkonsum vermieden wird, nicht jedoch der Verzehr von Fisch.
Der Veganismus ist die strikteste Art des Vegetarismus. Personen, die sich vegan ernähren, verzichten auf alle tierischen Lebensmittel, sowie Milchprodukte, Eier, Fleisch, Fisch und Honig.
Worauf muss bei den Ernährungsformen geachtet werden?
In jeder Ernährungsform, sogar in der omnivoren Ernährung, ist es immer wichtig eine ausgewogene Nährstoffzufuhr zu haben. Bei einer omnivoren Ernährung werden sowohl pflanzliche als auch tierische Lebensmittel konsumiert. Trotzdem muss vor allem bei der veganen Ernährung aufgepasst werden, dass dem Körper nicht zu wenig Nährstoffe geliefert werden. Um dies zu vermeiden, wird eine vielseitige Lebensmittelauswahl auf Basis von Gemüse, Obst, Vollkorngetreide, Kartoffeln, Hülsenfrüchten, Nüssen,
Samen und pflanzlichen Ölen empfohlen.
Früher sprach sich die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gegen eine vegane Ernährung für vulnerable Bevölkerungsgruppen aus wie z.B. Schwangerschaft, Stillzeit, Säuglings-, Kindes-, Jugend- und Seniorenalter). Jetzt wird aufgrund der eingeschränkten Datenlage weder eine Empfehlung für noch gegen eine gut geplante vegane Ernährung ausgesprochen. Eine Ernährungsberatung durch qualifizierte Diätolog:innen ist für diese Gruppen sehr empfohlen.
Stimmt der Mythos, dass die vegane und vegetarische Ernährung ungesund ist?
Die vegetarische und vegane Ernährung muss nicht zwingend ungesund sein. Natürlich kann sie falsch ausgelebt werden, dies kann jedoch bei anderen Ernährungsweisen genauso passieren, wenn nicht abwechslungsreich gegessen wird. Solange eine ausgewogene Ernährung vorliegt, können auch diese Formen eine geeignete Ernährungsweise sein.
Wichtig ist es, regelmäßig zum Arzt zu gehen und eine Laboruntersuchung zu machen, damit Mangelerscheinungen ausgeschlossen werden können. Dies kann zum Beispiel durch den Hausarzt im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung erfolgen, die einmal im Jahr gemacht werden kann.
Ungesund kann, wie bereits erwähnt, diese Essensweise werden, wenn die fehlenden Nährstoffe nicht abgedeckt werden. Zum Beispiel sind eine ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D für die Knochengesundheit wichtig.
Wie gesund sind Fleischersatzprodukte?
Fleischersatzprodukte können in ihrer Qualität stark variieren, dadurch lässt es sich auch schwer sagen, ob sie nun gesund oder ungesund sind. Viele Ersatzprodukte stellen gute Proteinquellen dar und können teilweise auch wichtige Mikronährstoffe liefern, um den Nährstoffbedarf zu decken. Allerdings sind manche sehr salzhaltig, enthalten einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren und Zusatzstoffen. Es ist ratsam, die Zutatenliste vor dem Verzehr sorgfältig zu lesen und unverarbeitete Lebensmittel wie Tofu, Bohnen, Linsen und Hülsenfrüchte in Betracht zu ziehen. Bei Milchersatzgetränken enthält Sojamilch ähnlich viel Eiweiß wie die Kuhmilch. Wichtig zu wissen ist, dass Kuhmilch auch viele wichtige Mikronährstoffe wie Kalzium, Vitamin B12 und Jod enthält.
Welche Mikronährstoffe fehlen bei der vegetarischen und veganen Ernährung?
Grundsätzlich steigt das Risiko für eine Unterversorgung mit Nährstoffen, je mehr Lebensmittelgruppen aus der Ernährung ausgeschlossen werden.
Bei der ovo-lacto-vegetarischen Ernährung sollte besonders auf folgende Nährstoffe geachtet werden:-Vitamin B12, Eisen, Jod, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D, essenzielle Aminosäuren
Bei der veganen Ernährung sollte besonders auf diese Nährstoffe geachtet werden:– essentielle Aminosäuren, Protein, Vitamin B12, Eisen, Omega-3-Fettsäuren, Riboflavin, Vitamin D, Vitamin A, Kalzium, Jod, Zink, Selen. Bei einer strikt veganen Ernährung wird empfohlen, Vitamin B12 zu supplementieren, da es hauptsächlich in tierischen Produkten vorkommt.
Welche Vorteile/Nachteile der veganen und vegetarischen Ernährung gibt es?
Die vegane und vegetarische Ernährung bietet mögliche Vorteile wie ein niedrigeres Risiko für manche Krankheiten, einen geringeren ökologischen Fußabdruck sowie verminderte Treibhausgasemissionen. Zudem wird durch diese Ernährungsweisen das Tierleid vermindert und ein ethischer Umgang mit Tieren gefördert.
Allerdings gibt es auch mögliche Nachteile. Bei unzureichend geplanter vegetarischer oder veganer Ernährung besteht die Gefahr von Nährstoffmangel. Außerdem kann es schwieriger sein, in Restaurants oder bei Einladungen Gerichte zu finden. Vegane Produkte sind zudem oft teurer oder schwerer verfügbar.
Welche Ernährungsempfehlung würden Sie geben?
Ich empfehle eine ausgewogene Ernährung, bei der tierische Produkte konsumiert werden, Fleisch und Fisch jedoch nur in kleinen Mengen. Dabei sollte beachtet werden, dass Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier von hoher Qualität sind und Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Eine Reduktion von Fleisch wäre sowohl für die Umwelt als auch für die Tiere von großem Vorteil wäre. Empfohlen wird von der DGE 1-2 Portionen Fisch pro Woche (eine Portion entspricht ca. 120 g) und maximal 300 g Fleisch und Wurst pro Woche. Zudem sollten ausreichend Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen und pflanzliche Öle gegessen werden, um eine vielseitige Ernährung zu erreichen.
Vielen Danke für das Interview!
Weiterführende und vertiefende Informationen zu diesem Thema finden Sie hier:
Fisch, Fleisch, Wurst und Eier | DGE
Fotos:
Portrait: Gregor Beck; alle anderen: Pixabay und Unsplash